Das Stetten stricht in See

Sonntag, der 17.09.2023. 6.30 Uhr.: Yippie, wir gehen segeln

17 Schülerinnen, Frau Sabanés und Herr Forster versammelten sich vor der Feuerwehrausfahrt des Stettens. Alle waren müde, alle waren aufgeregt. Im Bus angekommen, setzten wir uns gaaanz nach hinten (wie in der Schule) um Platz für die Co-Reisegruppe aus Regensburg zu machen. Man ist ja nett. Also auf nach Regensburg! Als besagte Goethe-Gymnasium Schüler einstiegen, machten diese sich sofort im verbleibenden Bus breit und die Fahrt nun in Richtung Holland begann.

Wenn mehrere 12. Klässler, welche unter Schlafmangel leiden, in einem geschlossenen Raum auf längere Zeit eingesperrt sind, drehen diese nach nicht einmal 30 Minuten durch. Kombiniert man diese Mischung der Emotionen mit einer Musikbox, 14 Stunden Fahrtzeit und Hardstyle-Kinderliedern kommt ein – interessantes - Ergebnis heraus (stimmt's Herr Forster?).

[Anmerkung von Herr Forster: „Ohhh Jaaa, nennen wir es interessant…!“]

21 Uhr, Harlinger Hafen, Holland: Wo ist das Schiff?

Dunkelheit umhüllt nun die überdrehte Masse. Vor lauter Dunkelheit konnten wir nicht einmal das Schiff richtig erkennen, sodass wir mehr oder weniger elegant auf Deck purzelten. Nach unten gelangte man nur über die „Treppe des Todes“, welche senkrecht, ohne Geländer, nach unten führte. Erstaunlicherweise ist niemand abgestürzt. Die Zimmer waren zwar eng und ein wenig dunkel, aber dennoch mit bequemen Betten ausgestattet. Als alles einmal erkundet war, bekamen wir auch den Skipper zu sehen. Dieser gab uns erst einmal eine Einführung über das Verhalten an Bord. Danach wurde erstmal der Geburtstag einer Mitschülerin gefeiert und eine fremde Gruppe auf einem anderen Schiff angeschwatzt. Sie waren aus Baden-Württemberg und wir entwickelten sofort eine Rivalität, denn es kann nur eine Abifahrtgruppe geben.

Montag, der 18.09.2023: Los gehts!

Jetzt ging‘s endlich los. Wir segelten zum ersten Mal. Natürlich mussten wir beim Seile spannen und Segel-los-knoten mithelfen. Ob das so hilfreich war, kann diskutiert werden, aber der Wille zählt. Das Wetter war schön und der Wind gut. Und als wir an den Baden-Württembergern vorbeizogen, wuchs das Gruppenego ins Unermessliche. Nichts konnte uns aufhalten.

Der erste Stopp war die Insel Terschelling. Den restlichen Tag durchsteiften wir in Kleingruppen das Städtchen. Als es in Richtung Abend ging, wurden die Kartenspiele gezückt und Chili sin Carne gekocht.

Allerdings wurde das Wetter über Nacht so stürmisch, dass wir einen Tag Pause machen mussten. Also wurden Pläne für den Dienstag besprochen. Manche wollten auf dem Schiff bleiben, andere wollten nochmals Terschelling besichtigen und dann gab es noch die, die bei gefühlten Orkanböen eine Radtour machen wollten. Ob sie jemand aufgehalten hat? Nein.

Dienstag, der 19.09.2023: Pausentag

Die mutigen Radler fuhren gegen halb elf ab, in Richtung des rund 23 km entfernten Strandes. Der Wind erschwerte es ihnen zwar, aber echte Mädels geben nicht auf, nur weil ein bisschen Wind sie ausbremst. Der Strand war schön und gut, aber dann kam der Anruf vom Schiff, dass der Steg in 30 Minuten komplett unter Wasser steht und die Ausflüglerinnen sofort „heim“ kommen sollten. Die Strecke zurück dauerte aber (laut Internet) 45 min. Außerdem wurde aus „dem bisschen Wind“ und „den drei Tropfen“ eine Sintflut des Weltuntergangs. Währenddessen spielten die Daheimgebliebenen Skip.bo & Co. und lachten über diese Irren. Als sie endlich nach einer knappen Stunde nass, durchgefroren aber glücklich ankamen (der Steg war tatsächlich etwas überflutet) wurden sie mit spöttischen Kommentaren empfangen. An diesem Abend wurden Wraps zubereitet, von denen die hungrigen Seglerinnen noch Tage zehren sollten (u. a. von einer mitgebrachten, wahrscheinlich genmanipulierten Zucchini aus dem eigenen Garten).

Mittwoch, der 20.09.2023: Mieses Wetter, Motor, und Musik

Nun hatte das Wetter sich gebessert, aber zum Segeln war es dennoch zu windig und deswegen sind wir mit dem Motor gefahren. Es war kalt und nass, aber die Laune war gut. Auf dem Weg nach Ameland wurde die große Musikbox herausgeholt, und das Wattenmeer beschallt. Es durften alle einmal ans Steuer, um selbst lenken zu dürfen und auf halber Strecke mussten wir tatsächlich Rettungswesten anlegen (Wir vermuten, dass das ein touristisches Erlebnis sein sollte, da der Wellengang überschaubar war). Diejenigen, die sich trauten, konnten zum Fotoshooting ins vordere Netz klettern. Angekommen auf der neuen Insel wurde erst einmal der örtliche Supermarkt geplündert. Zum Abendessen gab es Risotto. Die Zubereitung und die Würzung wurden von Profis durchgeführt und das Ergebnis schmeckte 1A. (Und nur die Insider wussten, dass der kleine Topf aber irgendwie besser schmeckte, da hier der Pfefferstreuer noch unter Kontrolle war.)

Donnerstag, der 21.09.2023: Irgendwo im Wattenmeer

Nach einigen WhatsApp Abstimmungen (ohne die wären wir verloren gewesen) entschlossen wir uns gemeinsam am nächsten Tag den sicheren Hafen zu verlassen und hinaus auf eine Sandbank zu fahren um dort (absichtlich) auf Grund zu laufen. Hier angekommen beschlossen sieben Wagemutige ins kalte Wasser zu gehen. Das war zwar nur rund 19 cm tief, aber dennoch frisch. Danach gab es Abendessen und wir teilten uns für die Ankerwache in dieser Nacht ein.

Gegen 19.30 Uhr begaben wir uns von Bord. Wo noch eine halbe Stunde zuvor Wasser stand, war nur noch endloses Watt. Die Sonne ging eben unter, als die ersten über den matschigen Grund liefen. Dies war eine Erfahrung, die für immer in unseren Köpfen bleiben wird. Dieses Gefühl, ewig in eine Richtung laufen zu können und der hellblaue Himmel über uns, mit einem orangenen Streifen am Horizont. Es fühlte sich an, als wären wir auf einem anderen Planeten.

Doch gegen 21 Uhr ging es wieder zurück, da die Flut erneut kam. Das Wetter wurde zunehmend nasser und als die erste Gruppe Wache hatte, regnete es wie aus Eimern. Der Auftrag sah so aus: Alle 15 Minuten zwei Bojen am Horizont auf ihr Vorhandensein zu überprüfen, alle 5 Minuten auf dem Navi die Koordinaten abgleichen und, sollte es Abweichungen geben eventuell, vielleicht, aber erst bis hundert zählen und dann Bescheid sagen (Auch hier vermuten wir eine touristische Aktivität). Überraschenderweise waren wir am nächsten Morgen immer noch an derselben Stelle, wo wir am Vorabend geankert hatten.

Freitag, der 22.09.2023: Tot ziens (Ndrl. Tschüss)

Aber das war auch gleichzeitig die letzte Nacht auf See. Ein bisschen wehmütig versammelten wir uns alle auf Deck zur letzten Segelfahrt. Als wir in Harlingen wieder ankamen, sahen wir das vermeintliche Schiff der Baden-Württemberger gegenüber von uns „parken“. Und dann ging es schon wieder in Richtung Augsburg. Die Busfahrt verlief ruhiger als die Hinfahrt, da alle unter Schlafmangel litten. Als wir in Deutschland waren, wollten die Regensburger unbedingt für das Abendessen bei McDonald’s einkehren. Nach dem kurzen Aufenthalt dort, waren zumindest die Stettinchen wieder energiegeladen, sehr zum Leid der begleitenden Lehrkräfte, als zum millionsten Mal in dieser Woche „Hörst du die Regenwürmer husten“ angestimmt wurde. „Nach McDonald’s sind die Kinder immer so überdreht“.

Diese Reise werden wir nicht so schnell vergessen. Die abendlichen Kochaktionen, die 10 (leeren) Nutella Gläser, die Musik, das Schaukeln („Bilde ich mir das gerade ein oder wackelt es?“) und das interessante Badezimmer werden immer in Erinnerung bleiben.

Wir danken Frau Hampp für die perfekte Organisation, Frau Sabanés für das äußerst kurzfristige Einspringen und Herrn Forster für seine engelsgleiche Geduld. Sowie unseren Skippern Tom und Chris, die uns sicher über das Wattenmeer geschippert haben.

Galathé Günther Q12

Das Regenwurmlied zu selber anhören: