Kinoseminar zu NS-Vorbehaltsfilm „Jud Süß“

"Ihr seid nicht für das verantwortlich, was geschah.
Aber dass es nicht wieder geschieht, dafür schon.“


Max Mannheimer 1920-2016, Holocaust-Überlebender
 

Um einen Beitrag zu diesem „Auftrag“ zu leisten, war die Idee zur Realisierung eines Kinoseminars zu NS-Propaganda-Filmen in der Fachschaft Geschichte/Politik und Gesellschaft schon lange präsent, konnte aufgrund der Pandemie aber nicht umgesetzt werden.
Am 23.1.2023 war es dann endlich soweit: In Kooperation mit dem Institut für Kino und Filmkultur e.V. (IKF) und der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung in Wiesbaden und dem Thalia Kino in Augsburg konnte unserer gesamten Q12 und den W-Seminaren der Q11 „Jugend im Nationalsozialismus" der antisemitische NS-Vorbehaltsfilm „Jud Süß“ von Regisseur Veit Harlan aus dem Jahr 1940 präsentiert werden, dessen Zielsetzung darin bestand, die Einstellung der über 20 Mio. Kinobesucher gegenüber den Jüdinnen und Juden im nationalsozialistischen Sinne zu beeinflussen, weshalb auch Joseph Goebbels maßgeblichen Einfluss auf den Film nahm. Die verheerende Wirkung des Films zeigte sich damals in den spontanen Reaktionen in den Kinos, in denen das Publikum mitunter aufsprang und die Vertreibung der Juden aus Deutschland mit Nachdruck forderte.

Derartige nationalsozialistischen Propagandafilme dürfen nur innerhalb eines Seminars, also mit Begleitung durch einen Referenten, gezeigt werden. Deshalb wurde die Veranstaltung durch den Filmreferenten Michael Kleinschmidt geleitet, der den Film durch wichtige Informationen zur NS-Zeit, insbesondere zur Filmproduktion, vorbereitete und abschließend in einem Filmgespräch die wichtigsten Techniken zur Propaganda offenlegte.
Besonders ihm war es zu verdanken, dass das Kino-Seminar nachhaltig wirken dürfte. Durch sein enormes Fachwissen und sein lebendiges Auftreten nahm er den Kinosaal mit auf eine Zeitreise und verdeutlichte die Wirkung des Films auf die Menschen der damaligen Zeit.

Die Offenlegung der Propagandatechniken sorgte in den Nachbesprechung nicht nur bei den Schülerinnen sondern auch bei den Lehrkräften für Aha-Effekte. Daher war man sich im Anschluss auch einig, dass solch „gefährliche“ Filme aus der Zeit des Nationalsozialismus auch in Zukunft nicht frei verfügbar sein sollten. Erst durch die Begleitung durch Herrn Kleinschmidt konnten die Zielsetzungen von Propagandaminister Goebbels gezeigt und so die kritische Sichtweise gefördert werden.
Dass es sich bei diesem Kino-Seminar um ein „Herzensprojekt“ von Herrn Kleinschmidt handelt, war durchgehend spürbar. Wenngleich der Film als „schrecklichstes Machwerk der Nationalsozialisten“ betitelt wurde, wurde gleichzeitig der enorme Wert für die Nachwelt unterstrichen:
In einer Zeit, in der antisemitische Tendenzen immer noch zu stark vertreten sind, in der Menschen immer noch wegen ihrer persönlichen Lebenseinstellungen diskriminiert werden, in der wir alle durch soziale Medien mehr denn je der Verführbarkeit ausgesetzt werden und zu schnell Meinungen bilden und äußern, soll das Kino-Seminar zu „Jud Süß“ einen wertvollen Beitrag zur Schärfung der Sinne und zum kritischen Umgang mit allen Kanälen zur Meinungsbildung liefern.
Oder in den Worten von Michael Kleinschmidt: „Für eine offenere, buntere, vielfältigere und tolerantere Gesellschaft.“ 

Daniel Gehret (Fachleitung Geschichte/ Politik und Gesellschaft)