Kinoseminar zum NS-Vorbehaltsfilm "Jud Süß" 2024

Zweiter Weltkrieg, Nationalsozialismus, Propaganda – alles Begriffe, die wir schon in der neunten Klasse in Geschichte behandelten. Nun in der zwölften Klasse durften wir eine kleine Zeitreise machen und direkt erfahren, wie in der Zeit des Dritten Reichs die Ideologie auch in den Filmen umgesetzt wurde und die Menschen von Dialogen, Outfits und Kameraperspektiven beeinflusst wurden.In Kooperation mit dem Institut für Kino und Filmkultur e.V. (IKF) und der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung in Wiesbaden und dem Thalia Kino in Augsburg konnte unserer gesamten Q12 der antisemitische NS-Vorbehaltsfilm „Jud Süß“ von Regisseur Veit Harlan aus dem Jahr 1940 präsentiert werden. Vor dem Abspielen des Films wurde uns vom Referenten Arndt Klingelhöfer erklärt, wieso dieser nur noch für Bildung- und Forschungszwecke legal gezeigt werden darf.

Zudem lieferte er uns wichtige Informationen zum Nationalsozialismus und insbesondere zur Filmproduktion im Dritten Reich. Durch diese Einführung stieg die Spannung, was uns erwarten würde: In der heutigen Zeit, mit unserer Aufklärung, da kann der doch gar keine Wirkung mehr zeigen, oder?

Na ja, natürlich wissen wir, mit welchen Mitteln und Tricks die Filmemacher damals die Juden in das gewünschte Licht rücken wollten und dennoch hinterlässt der Film ein ungutes Gefühl – trotz besseren Wissens reagiert man auf die dargestellten Charaktere und ertappt sich dabei, wie man Antipathie gegen Oppenheimer entwickelt. Noch während der Abspann läuft, denkt man darüber nach, was man gerade eigentlich gesehen und empfunden hat.

Umso wichtiger war es, dass in der Nachbesprechung alle ihre Empfindungen und Erkenntnisse teilen konnten. So erhielt man nicht nur den eigenen Eindruck, sondern auch die Einblicke der Mitschüler und Mitschülerinnen und konnte sich so wirklich über die Wirkung dieses propagandistischen Films bewusst werden. Und was nicht direkt ins Auge fiel, wurde von Herrn Klingelhöfer aufgedeckt, sodass man erschreckenderweise feststellen konnte, wie beiläufig die antisemitische Propaganda konsumiert worden ist. Leider war die Zeit für Diskussion und Gespräch viel zu schnell vorbei.

Anders als das Publikum zur Zeit des Nationalsozialismus, das damals als spontane Reaktion auf den Film aufstand und die Vertreibung der Juden forderte, gingen wir mit einem neuen Verständnis über Propaganda, über die Beeinflussbarkeit des Publikums und über den Antisemitismus aus dem Kino und erkennen nun noch mehr, wie wichtig es ist mit Informationen in verschiedenen Medien kritisch umzugehen.

Nora Feigl (Q12), Daniel Gehret (Fachleitung Geschichte/Politik und Gesellschaft)

Kinoseminar zu NS-Vorbehaltsfilm „Jud Süß“ 2023

"Ihr seid nicht für das verantwortlich, was geschah.
Aber dass es nicht wieder geschieht, dafür schon.“


Max Mannheimer 1920-2016, Holocaust-Überlebender
 

Um einen Beitrag zu diesem „Auftrag“ zu leisten, war die Idee zur Realisierung eines Kinoseminars zu NS-Propaganda-Filmen in der Fachschaft Geschichte/Politik und Gesellschaft schon lange präsent, konnte aufgrund der Pandemie aber nicht umgesetzt werden.
Am 23.1.2023 war es dann endlich soweit: In Kooperation mit dem Institut für Kino und Filmkultur e.V. (IKF) und der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung in Wiesbaden und dem Thalia Kino in Augsburg konnte unserer gesamten Q12 und den W-Seminaren der Q11 „Jugend im Nationalsozialismus" der antisemitische NS-Vorbehaltsfilm „Jud Süß“ von Regisseur Veit Harlan aus dem Jahr 1940 präsentiert werden, dessen Zielsetzung darin bestand, die Einstellung der über 20 Mio. Kinobesucher gegenüber den Jüdinnen und Juden im nationalsozialistischen Sinne zu beeinflussen, weshalb auch Joseph Goebbels maßgeblichen Einfluss auf den Film nahm. Die verheerende Wirkung des Films zeigte sich damals in den spontanen Reaktionen in den Kinos, in denen das Publikum mitunter aufsprang und die Vertreibung der Juden aus Deutschland mit Nachdruck forderte.

Derartige nationalsozialistischen Propagandafilme dürfen nur innerhalb eines Seminars, also mit Begleitung durch einen Referenten, gezeigt werden. Deshalb wurde die Veranstaltung durch den Filmreferenten Michael Kleinschmidt geleitet, der den Film durch wichtige Informationen zur NS-Zeit, insbesondere zur Filmproduktion, vorbereitete und abschließend in einem Filmgespräch die wichtigsten Techniken zur Propaganda offenlegte.
Besonders ihm war es zu verdanken, dass das Kino-Seminar nachhaltig wirken dürfte. Durch sein enormes Fachwissen und sein lebendiges Auftreten nahm er den Kinosaal mit auf eine Zeitreise und verdeutlichte die Wirkung des Films auf die Menschen der damaligen Zeit.

Die Offenlegung der Propagandatechniken sorgte in den Nachbesprechung nicht nur bei den Schülerinnen sondern auch bei den Lehrkräften für Aha-Effekte. Daher war man sich im Anschluss auch einig, dass solch „gefährliche“ Filme aus der Zeit des Nationalsozialismus auch in Zukunft nicht frei verfügbar sein sollten. Erst durch die Begleitung durch Herrn Kleinschmidt konnten die Zielsetzungen von Propagandaminister Goebbels gezeigt und so die kritische Sichtweise gefördert werden.
Dass es sich bei diesem Kino-Seminar um ein „Herzensprojekt“ von Herrn Kleinschmidt handelt, war durchgehend spürbar. Wenngleich der Film als „schrecklichstes Machwerk der Nationalsozialisten“ betitelt wurde, wurde gleichzeitig der enorme Wert für die Nachwelt unterstrichen:
In einer Zeit, in der antisemitische Tendenzen immer noch zu stark vertreten sind, in der Menschen immer noch wegen ihrer persönlichen Lebenseinstellungen diskriminiert werden, in der wir alle durch soziale Medien mehr denn je der Verführbarkeit ausgesetzt werden und zu schnell Meinungen bilden und äußern, soll das Kino-Seminar zu „Jud Süß“ einen wertvollen Beitrag zur Schärfung der Sinne und zum kritischen Umgang mit allen Kanälen zur Meinungsbildung liefern.
Oder in den Worten von Michael Kleinschmidt: „Für eine offenere, buntere, vielfältigere und tolerantere Gesellschaft.“ 

Daniel Gehret (Fachleitung Geschichte/ Politik und Gesellschaft)